Kommentar – 03.03.2025
Über Töne und Misstöne lässt sich vortrefflich streiten. Vor allem in der Politik. Dass Volksvertreter – allen voran Staatsmänner – als Vorbild gelten sollten, lässt sich mit dem allzu gern verwendeten Begriff „Narrativ“ wohl am besten beschreiben – und längst abschreiben.
Die Neuauflage von „Krieg und Frieden“, die sich US-Präsident Trump und der ukrainische Präsident Selenskyj vor den Augen der Öffentlichkeit lieferten, wird als einzigartig in die Geschichtsbücher eingehen. Die über Trump regelmäßig Empörten aus Medien und Politik haben einen neuen Aufreger gefunden. Soweit das Boulevardeske.
Doch das Geschehene auf Tonfall und Streit zweier Präsidenten zu reduzieren, die unterschiedliche Auffassungen haben und augenscheinlich nicht in der Lage sind, gegenseitiges Unverständnis auf diplomatischem Weg zu lösen, zeigt nicht einmal ansatzweise das eigentliche Problem.
Der medienwirksame Auftritt reiht sich nahtlos in eine ganze Serie fataler Fehlhandlungen westlicher Politik, die es bislang unmöglich machten, das inzwischen drei Jahre andauernde Kriegsdrama in der Ukraine zu einem Ende zu bringen. Selbst die Erzieherin in einer Kita weiß, dass fortwährendes Nachtreten und Zuschlagen einen Konflikt nicht löst, sondern in logarithmischer Aufwärtsentwicklung verschärft.
Nach drei Kriegsjahren sollte auch der letzte Politiker verstanden haben: Mit immer mehr Waffen ist dieser Konflikt nicht zu lösen. Aufrüstung ist keine Grundlage für Diplomatie. Und Kriege wurden noch nie auf dem Schlachtfeld gelöst. – Hat wirklich niemand der politisch Verantwortlichen aus der Geschichte gelernt?
Trump hatte mit seinem Vorgehen in Sachen Ukraine-Krieg eine vortreffliche Basis für eine mögliche Lösung gelegt. Oft als Politiker mit reinem Wirtschaftsverständnis verschrien, wäre genau das eine Möglichkeit gewesen, auf Moskau zuzugehen und den Konflikt zwischen Russland und dem Westen auf eine friedensstiftende und sachliche Basis zu begrenzen.
Ja, der Westen muss auf Russland zugehen. Und nein, dass ist keine Putin-freundliche Weisheit. Es ist die Logik von Geschichte, Diplomatie und Demokratie.
Trump ist nicht dumm. Auch er weiß: Sicherheit für die Ukraine muss das oberste Ziel sein – aber eben nicht über militärische Aufrüstung und fortwährende Waffenlieferungen als Milliardengrab, sondern über neutrale Wirtschaftsabkommen, die westlich binden, jedoch aus der zwar falschen, aber vorhandenen Sicht von Machthaber Putin keine Aggression darstellen.
Auf diesen Deal wirtschaftlicher Sicherheitsgarantien hätte sich Moskau eingelassen. Nur einer setzt auf rein militärische: Selenskyj. Das ist ihm nicht einmal vorzuwerfen. Er ist Präsident eines angegriffenen Landes, verletzt in seiner Ehre und gestärkt mit dem von Anfang an selbst gesteckten Ziel, genau dieses Land – und vielleicht auch sich selbst – zu Ruhm und Erfolg zu führen.
Nicht militärische Stärke, sondern Taktik und Diplomatie ist gefragt. Eine Lösung bedingt Schmerzen – allerdings auf beiden Seiten der Front.