So steht es um die Autoindustrie in Baden-Württemberg

15.08.2025 / Die Autokonzerne in Baden-Württemberg – allen voran Mercedes-Benz und Porsche – haben zuletzt spürbare Gewinneinbrüche hinnehmen müssen. Auch große Zulieferer wie Bosch und ZF kündigen Sparmaßnahmen und Stellenabbau an. Damit stehen sie nicht allein: Volkswagen, BMW, Audi und Continental sind ebenfalls betroffen. Auf einer der wichtigsten Schlüsselindustrien Deutschlands lastet enormer Druck.

Von einer echten Krise will Autoexperte Frank Schwope dennoch nicht sprechen – tiefrote Zahlen seien nicht in Sicht. Mercedes-Benz hat im ersten Halbjahr immerhin 2,7 Milliarden Euro verdient, im Vorjahr waren es allerdings noch 6,1 Milliarden. Auch Volkswagen und BMW schreiben weiterhin Milliardengewinne. Schwope erinnert: In den Corona-Jahren profitierten die Hersteller von Chipmangel und Lieferengpässen – sie verkauften weniger Autos, dafür aber teurere Modelle mit hohen Gewinnspannen.

Die aktuellen Probleme sind aber nicht nur von außen verursacht. Viele Experten sehen Versäumnisse im Management: Der Trend zur Elektromobilität wurde verschlafen, auf dem chinesischen Markt treffen die deutschen Marken oft nicht den Geschmack junger Käufer. Auch beim autonomen Fahren hinken sie hinterher. Hinzu kommen Marktanteilsverluste in China und neue Belastungen durch US-Importzölle.

EY-Experte Constantin Gall spricht von hausgemachten Problemen: Die Traumgewinne zwischen 2021 und 2023 hätten ein trügerisches Gefühl von Sicherheit erzeugt, Kostenmanagement sei vernachlässigt worden. Milliarden flossen in Forschung und Entwicklung, ohne dass alle Projekte überzeugten. Gall fordert schlankere Strukturen und schnellere Entwicklungsprozesse.

Die IG Metall warnt, die Produktion in der EU liege unter dem Vorkrisenniveau, Werke seien nicht ausgelastet. Vorsitzende Christiane Benner fordert, dass Beschäftigte nicht allein die Last tragen und auch Aktionäre auf Dividenden verzichten. Besonders kritisch ist die Lage bei vielen Zulieferern: Kostendruck, hohe Investitionen in die Transformation und ausbleibende Erträge bringen manche an den Rand der Existenz.

Schwope bestätigt: Wenn jemand in der Krise ist, dann sind es die Zulieferer. Um gegenzusteuern, müssten die Hersteller in China wieder stärker werden – eventuell auch mit neuen lokalen Partnern. EY-Experte Gall betont zudem: Weil politische und regulatorische Bedingungen kaum zu beeinflussen seien, müsse die Industrie ihre internen Strukturen optimieren und schneller sowie kosteneffizienter handeln.

Ganz ohne Hoffnung ist die Lage nicht: Bei der E-Mobilität holen die Deutschen auf, die Verkaufszahlen ziehen an. Benner sieht hier Potenzial – vorausgesetzt, die Unternehmen investieren weiter in Zukunftsprodukte und haben den langen Atem für die aktuelle Durststrecke.

Die Branche fordert von der Politik bessere Rahmenbedingungen: Der Standort Deutschland sei im internationalen Vergleich nicht attraktiv genug, Wettbewerbsfähigkeit müsse zur Top-Priorität werden. Berater Harald Christ ist optimistisch: Die deutsche Autoindustrie habe schon oft aus schwierigen Situationen heraus eine Innovationsoffensive gestartet – und sei schon mehr als einmal zu früh abgeschrieben worden.

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