Kommentar
24.04.2025 / In Zeiten national und international instabiler Lage ist Besonnenheit nicht nur eine Tugend, sondern eine Pflicht. Wer durch Gänge hochexplosiver Lagerstätten streift, sollte unbedingt darauf verzichten, Funken zu sprühen. Die wirklich großen Staatsmänner der Geschichte haben das immer wieder bewiesen. Sie haben vorausschauend gedacht, Stärke gezeigt, um durch Diplomatie zu einer friedlichen Lösung zu gelangen.
Umso mehr fallen diejenigen politischen Köpfe auf, die mit brachialer Rede und fehlender Weitsicht den Abstand zwischen Fettnäpfchen immer weiter und auf gefährliche Weise verringern.
Das Verständnis und die unbedingte Pflicht, in Krisen besonnen zu handeln, sind vor allem in der deutschen Politik verloren gegangen. Die Bühne für Polemik sind die einschlägigen Talkrunden, insbesondere der öffentlich-rechtlichen Sender, die Meinungen einzelner Partei- und Interessenvertreterinnen und -vertreter derart geschickt präsentieren, dass sie immer häufiger und immer leichter zum Allgemeingut werden.
Längst hat die überwiegende Zahl der Medien ihre Aufgabe einer ausgewogenen, alle Seiten berücksichtigenden, abwägenden und hinterfragenden Berichterstattung und Analyse aufgegeben. Wer nicht im Strom der politischen Narrative oder Umfrageergebnisse einer prozentualen Mehrheit schwimmt, zerschellt bald an rhetorischen Felsen oder verschwindet in der Flut von zu Manifesten gewordenen Thesen.
Zeiten wie diese erfordern von uns allen unbedingte Wachsamkeit. Politische oder gesellschaftliche Interessenvertreter bei Illner, Lanz, Maischberger und wie sie alle heißen, sind in erster Linie Personen, die eine Meinung vertreten. Nicht mehr, und nicht weniger. Sie handeln nicht aus menschlichen, sondern stets aus rein opportunistischen Gründen – sei es, um ihre Machtposition zu stärken, oder eigene Überzeugungen anderen zu oktroyieren. Das ist keine Kritik, sondern eine einfache Feststellung, zu der es keinen „Faktencheck“ braucht.
Genau das zeichnet Demokratie und Meinungsfreiheit aus: Sagen dürfen, was man denkt und welche Position man zu wem oder was vertritt. Wer Freiheit vor diesem Hintergrund allerdings als Waffe gegen andere missbraucht, um Meinungen als Fakten darzustellen, Andersdenkende mundtot zu machen, oder in eine bestimmte Ecke zu drängen, hat Demokratie falsch verstanden. Diese Gefahr sollten wir alle frühzeitig erkennen.
Marc Fischer, Programmleitung Radio BW