Hotelfachmann mit grünem Daumen

12.09.2024 / Wer im Hotel Schlehdorn nach Nahom Weldu fragt, findet den jungen Mann regelmäßig im Restaurant, manchmal hinter der Bar und an seinen freien Tagen meist im Garten. Hier, im Feldberger Ortsteil Altglashütten, fand der 33-Jährige aus Eritrea nicht nur sein neues Zuhause – er konnte auch Beruf und Berufung umsetzen. Mit persönlichem Einsatz, Hingabe und handwerklichem Geschick machte Nahom aus einem ungenutzten Hang hinter der Apartmentanlage der Hotelmitarbeiter eine fruchtbare Oase.

Wiege in der „Kartoffelecke“

Die Begeisterung für Anbau und Feldarbeit wurde Nahom in die Wiege gelegt. Er stammt aus einer Bauernfamilie und einer geografischen „Kartoffelecke“, wie er seine Heimat im fernen Afrika gegenüber Radio BW Baden-Württemberg beschreibt. Hier nahm ihn der Vater oft mit aufs Feld. Leider steht Eritrea weniger für eine florierende Landwirtschaft als vielmehr für ein Land, in dem Menschenrechtsverletzungen zur Tagesordnung gehören.

Wir schreiben das Jahr 2015 als Nahom schweren Herzens entscheidet, sein Land zu verlassen. Er flüchtete, erst in den Sudan, später nach Libyen. Von dort wagte er die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer ins verheißungsvolle Europa. Das kleine Boot geriet in Seenot. Nahom und viele andere wurden von einem Rettungsschiff vor dem Ertrinken bewahrt. Seine Schwester hatte es ein Jahr zuvor nicht lebend geschafft. Ein schwarz-weißes Bild der beiden hängt über seinem Bett und erinnert an sie. Mehr eigene Familie blieb Nahom nicht.

Engagiert Ziele erreicht

Für den Mann aus Eritrea war Aufgeben nie eine Option. „Ich habe Sprachkurse besucht und gewusst, ich muss mich integrieren, sonst wird das Leben schwer“, sagt er rückblickend und nicht ohne Stolz auf das Geleistete.

Nahom Weldu im Restaurant des Hotels Schlehdorn am Feldberg. (Bild: Radio BW)

Nahom begann eine Ausbildung zum Hotelfachmann im renommierten Schloßhotel Schkopau bei Halle an der Saale. Er engagierte sich ehrenamtlich beim Halleschen Hanseverein und ist Mitgründer der Eritreischen orthodoxen Gemeinde der Stadt Halle. Im Jahr 2021 schaffte es der engagierte Mann sogar in den Gemeinderat und war Mitglied in zwei Sprachvereinen.

Neue Heimat Schwarzwald

Seit drei Jahren ist Nahom nun im Schwarzwald, gehört zur Belegschaft im Hotel Schlehdorn. Er ist angekommen, in jeder Hinsicht. Das Team im Hotel Schlehdorn ist für ihn zu einer zweiten Familie geworden. Von Kolleginnen und Kollegen bis hin zur Chefetage schätzt man Nahom – beruflich und menschlich.

Irgendwann fragte Nahom, ob er in seiner Freizeit einen ungenutzten Hang bewirtschaften dürfe. Man sagte zu, unwissend, was der junge Mann schließlich (er-)schaffen würde. Heute wissen alle und, vor allem, Nahom selbst: Es war die richtige Entscheidung.

Die Kapuzinerkresse gehört zu den blühenden Delikatessen in Nahoms Garten. (Bild: Radio BW)

Angriff der Kriechtiere

In liebevoll gestalteten Parzellen wachsen Kräuter, Bohnen, Tomaten, Kohlsorten, Karotten, Zucchini und vieles mehr. „Ich probiere gerne aus“, erklärt Nahom im Gespräch mit Radio BW. Die größte Herausforderung für ihn sei allerdings nicht das Wetter im hochgelegenen Altglashütten gewesen; wirklich problematisch seien die Nacktschnecken. Die kannte er bislang nicht, sah nur am Tag die angefressenen Blätter seiner Pflanzen.

Mit viel Hingabe schuf Nahom ein grünes Paradies am Hang (Bild: Radio BW)

Erst ein guter Freund und Gartenexperte am Bodensee brachte ihn auf die Spur. So machte sich Nahom nachts mit Taschenlampe auf die Suche nach den schleimigen Eindringlingen. Beim Kampf gegen die Schnecken setzt Nahom auf sanfte Maßnahmen: Einsammeln und irgendwo aussetzen, oder – noch besser – mit schwarzer Folie und Sägespänen arbeiten. Ökologisch anbauen und ernten im Zusammenspiel mit der Natur, das ist Nahoms Philosophie.

Kulinarischer Beitrag

Seine Ernte wird gern in der Küche des Hotels verwendet. Ob Gemüse oder Kräuter – fast alles findet Verwendung in den schmackhaften Gerichten, welche die Küche des Hotels den Gästen im Rahmen kreativer Menüs bietet. Und wenn sich Nahom einmal nicht um seinen Garten kümmert, erkundet er mit dem Fahrrad die Region Schwarzwald, besucht Winzer und informiert sich über Anbau. Denn er weiß: „Dort, wo der Wein wächst, schmeckt er nochmal so gut!“

Zum Radiobeitrag (gesendet am 15.09.2024) in der Audiothek von Radio BW Baden-Württemberg >>>

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